Antwerpen – glanzvolle Metropole Europas

Antwerpen, einst eine der größten Städte der westlichen Welt, liegt in der heute belgischen Region Flandern. Zunächst gehörte sie als Teil der Niederlande zum Heiligen Römischen Reich und unterstand damit Kaiser Karl V. (1500–1558). Nach dessen Abdankung im Jahr 1555 fiel das Land an das habsburgische Königreich Spanien und so an seinen Sohn Philipp II. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Habsburger bereits in zwei unabhängige Familienstränge getrennt.

Im 16. Jahrhundert war das flämische Antwerpen das blühende Wirtschaftszentrum Europas. Während in der Hauptstadt Brüssel regiert und repräsentiert wurde, produzierten die Antwerpener Werkstätten Luxusgüter und Kunstwerke in einer Fülle und Qualität wie sonst nirgendwo. Kaufleute aus aller Herren Länder verkehrten hier. Die Lage an der Mündung des Flusses Schelde bot ideale Voraussetzungen für einen breit gefächerten Import- und Exporthandel bis nach Übersee.

Antwerpen galt außerdem als Weltmetropole der Druckereien und Verlage. Mit ihren Büchern, Landkarten und Stichen waren sie die wichtigsten Vermittler von Wissen und Kultur. Auch der Vater unseres Malers, Pieter Bruegel der Ältere, begann seine Karriere in einem Verlag als Zeichner von Vorlagen für Kupferstiche.

Der Große Markt und das Rathaus

während der Spanischen Furie in Antwerpen, 1576
aus der Serie 7: Nederlandse Gebeurtenissen, 1576 –1577
Frans Hogenberg (1535–1590, Stecher)
Kupferstich

Die spanischen Habsburger waren streng katholisch und sahen es als ihre Pflicht, den Katholizismus in enger Allianz mit dem Papsttum zu verteidigen. Der Großteil der flämischen Bevölkerung wandte sich im Lauf des 16. Jahrhunderts jedoch der Reformation, v. a. dem Calvinismus, zu. Als 1555 Philipp II. von Spanien (†1598) die Regierung der Niederlande von seinem Vater Karl V. übernahm, verstärkte sich der bereits unter dessen Herrschaft entstandene Religionskonflikt. Nun saß ein katholischer Eiferer auf dem Thron, der mit starken Steuererhöhungen, der Entmachtung des Landadels und mit strengen Gesetzen gegen Ketzer alle Stände der Bevölkerung gegen sich aufbrachte. Die Situation wurde durch Handelskonflikte, eine große Konjunkturflaute sowie Ernteausfälle verstärkt. 1566 eskalierte die Wut gegen die von der Bevölkerung mittlerweile als aufgezwungen empfundene Fremdherrschaft: Die Calvinisten verwüsteten zahlreiche Kirchen samt Inventar. Philipp II. setzte daraufhin 1567 Fernando Álvarez de Toledo, Herzog von Alba, als Statthalter ein, der jede Kritik mit Inquisition, Folter und Tod zu ersticken versuchte. Seine Maßnahmen waren jedoch extrem kostspielig und führten zum Bankrott des spanischen Königs. 1576 kam es deshalb zur sogenannten „Spanischen Furie“, der Plünderung und Brandschatzung von Antwerpen durch die spanischen Söldner, die keinen Sold mehr erhalten hatten. Ab 1579 war die Stadt fest in den Händen der Aufständischen. Die königlichen Truppen konnten die Stadt erst 1585 zurück erobern und Protestanten wurden vertrieben.

1609 bis 1621 herrschte Waffenstillstand zwischen den verfeindeten Gegnern. Doch erst der „Westfälische Frieden“ 1648 bedeutete ein Ende des sogenannten 80jährigen Krieges. Jedoch sah der Frieden vor, dass die Schelde nicht mehr genutzt werden konnte, der Niedergang der Stadt war nun endgültig besiegelt.

01 | Stadtplan Antwerpen 1567
Anonym (Frans Hogenberg?)

Kupferstich
34,5 x 48,2 cm

Herzog Anton Ulrich-Museum, Kupferstichkabinett, Inv. Nr. Top-N 2.22

Die sternförmige Zitadelle (links oben) und die riesigen Stadtwälle wurden nach der Niederschlagung der Unruhen bis 1567 im Auftrag des Herzogs von Alba errichtet. Sehr gut erkennbar ist außerdem die vergoldete Bronze-Statue des Herzogs, die 1571 im Zentrum der Festung aufgestellt wurde. Diese Ansicht der Stadt ist also keineswegs zufällig gewählt, sondern verweist deutlich auf zeitaktuelle politische Ereignisse sowie die Wiederherstellung der Ordnung im Sinne der spanischen Herrschaft.

02 | Philipp II., König von Spanien (1527 – 1598)
Johannes Eillarts (1568/1570 –1650, Stecher)

Kupferstich
Blattmaß 42,7 x 30,3 cm

Inschrift: Philippus II. Caroli V. filius Hispaniarum Indiaru, Neapolis, Siciliæ, Hierosolÿmæ etc. Rex Cathol// Mediolani, Brabantiæ, Geldriæ. et dux Flandriæ, Hollandiæ, Hannoniæ, etc. Comes. Aetatis suæ 59. Effigiem hanc Sereniss Isabellæ Claræ Eugeniæ dicti Regis Filiæ in deuosi animi testimonium dedicat consecratq Unten rechts: Joannes Eillartes Frisius Sculptor

Herzog Anton Ulrich-Museum, Kupferstichkabinett, Inv. Nr. JEillarts AB 3.16

Philipp II., Sohn des berühmten Kaisers Karl V., regierte, wie die Inschrift auf diesem Porträt besagt, die Länder des spanischen Habsburger Reiches (Spanien, Niederlande, das Königreich Neapel, das Königreich Sardinien, das Königreich Sizilien, das Herzogtum Mailand sowie das spanische Kolonialreich). Seine Strategie der vehementen Verfolgung der Anhänger des neuen Glaubens sowie der Versuch einer Neuordnung der Niederlande führten letztlich zum massiven Aufstand der Niederländer.

03 | Porträt des Ferdinand de Tolede, duc d’Albe (1527–1582), Herzog von Alba, nach einem Gemälde von Adriaen van der Werff (1659 –1722)
Pieter Stevens van Gunst (1658/1659 –1731, Stecher)

Radierung, Kupferstich
Blattmaß 36,8 x 22,3 cm
Inschrift: FERDINAND DE TOLEDE, DUC D’ ALBE. D’un
Monarque … innocent toujours infatiable.

Herzog Anton Ulrich-Museum, Kupferstichkabinett, Inv. Nr. PSvGunst WB 3.1

Der Porträtstich zeigt laut Inschrift Don Fernando Álvarez de Toledo y Pimentel, den 3. Herzog von Alba. Bereits unter Karl V. machte er Karriere am Hofe und wurde sogar engster Berater des Kaisers. Traurige Berühmtheit erhielt er jedoch als Statthalter der Niederlande, wo er zwischen 1567 und 1573 ein wahres Schreckenregime errichtete. Aber er machte sich auch einen Namen als siegreicher Heerführer im Schmalkaldischen Krieg. 1546 wurde er zudem zum Ritter vom Orden des Goldenen Vlies geschlagen, dessen Ordenskette er auf diesem Porträt trägt.

04 | Stadtansicht von Antwerpen in: Pompa introitus honori serenissimi principis Ferdinandi Austriaci, Bl. 3
Peter Paul Rubens (1577 – 1640) u. a.

Kupferstich
Blattmaß 37,8 x 55,8 cm

Herzog Anton Ulrich-Museum, Kupferstichkabinett, Inv. Nr. 1°1255

Nahe an der Mündung der Schelde in die Nordsee gelegen, war Antwerpen im 16. Jahrhundert die bedeutendste Handelsstadt der Niederlande. Das Zentrum der Stadt bildet bis heute die Liebfrauenkirche mit dem 123 Meter hohen Nordturm. Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts lebten mehr als 90.000 Menschen in der Metropole, die zahlreiche Künstler und bedeutende Verleger anzog, wie Pieter und Jan Brueg(h)el, Peter Paul Rubens oder Anton van Dyck, Christoph Plantin und Jan Moretus, deren Werke durch die weite Vernetzung der Handelsstadt große Verbreitung fanden.

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